Sektor: Outdoor & Bushcraft
Die Wildnis ist kein feindlicher Ort – sie ist ein neutraler Raum, der nach seinen eigenen Gesetzen funktioniert. Wer diese Gesetze kennt, überlebt nicht nur, er lebt dort.
Wahre Krisenvorsorge endet nicht an der Haustür. Sie beginnt dort, wo die Infrastruktur aufhört.
Hier lernst du die fundamentalen Fähigkeiten ("Skills"), um ohne Strom, fließendes Wasser und Supermarkt zu bestehen.
1. Der sichere Unterschlupf (Shelterbau)
Der Schutz vor Witterung hat oberste Priorität ("Rule of 3": 3 Stunden ohne Schutz bei Kälte können tödlich sein). Ein guter Shelter hält Wind, Regen und Bodenkälte ab.
Der Standort
Wähle einen flachen Ort, aber keine Senke (Kältesee/Wasseransammlung). Achte auf "Witwenmacher" (tote Äste in Bäumen über dir). Meide Wildwechsel.
Konstruktion
Ein "A-Frame" (Dachform) oder "Lean-To" (Schrägdach) lässt sich mit einem Tarp und Paracord in Minuten bauen. Ohne Ausrüstung nutzt du einen umgestürzten Baum als Firstbalken und deckst ihn mit Ästen und mindestens 30cm Laub zur Isolierung ab.
2. Feuer machen unter widrigen Bedingungen
Feuer ist Wärme, Licht, Moral und Wasseraufbereitung. Wer bei Nässe kein Feuer anbekommt, riskiert Unterkühlung.
Zündmaterial (Zunder)
Sammle Zunder *bevor* du ihn brauchst: Birkenrinde (brennt auch nass), Kienspan (verharztes Kiefernholz) oder Distelsamen. Führe immer Wattepads mit Vaseline im Rucksack mit – der sicherste Anzünder.
Aufbau
Baue eine Basis aus Ästen, damit das Feuer nicht im nassen Boden erstickt. Nutze den "Pyramiden-Aufbau" für schnelle Hitze. Schütze die Flamme vor Wind, bis sie stabil brennt.
3. Wasseraufbereitung in der Natur
Klares Wasser ist nicht gleich sauberes Wasser. Bakterien und Protozoen sind unsichtbare Gefahren.
Filtern
Ein mechanischer Filter (z.B. Sawyer, Grayl) entfernt Schwebstoffe und Bakterien. Wenn kein Filter da ist: Filtere grob durch ein Tuch oder T-Shirt.
Abkochen
Das sicherste Mittel: Wasser sprudelnd aufkochen (mind. 1 Minute, in Höhenlagen 3 Minuten). Das tötet alle biologischen Erreger ab.
4. Orientierung ohne GPS
Akkus sterben. Ein Kompass und die Fähigkeit, die Natur zu lesen, bleiben.
Karten lesen
Lerne, Höhenlinien zu interpretieren: Eng beieinanderliegende Linien bedeuten einen steilen Hang. "Einnorden" der Karte ist der erste Schritt jeder Bewegung.
Naturzeichen
Moos wächst *meist* an der Wetterseite (im Westen/Nordwesten), ist aber ungenau. Besser: Der Stand der Sonne (Osten -> Süden -> Westen). Nachts hilft der Polarstern, der immer exakt im Norden steht.
5. Unfallversorgung mit einfachen Mitteln
Ein gebrochenes Bein oder eine tiefe Schnittwunde fernab von Hilfe erfordert Improvisation.
Blutstillung
Druck ist das Wichtigste. Nutze Stoffstreifen oder einen Gürtel als Druckverband. Bei extremen Blutungen an Gliedmaßen kann ein Knebel (Tourniquet) aus einem stabilen Ast und Tuch Leben retten.
Schienung
Fixiere Brüche mit geraden Ästen und Polstermaterial (Moos, Kleidung), fixiert mit Paracord oder Klebeband. Das Ziel ist die Ruhigstellung für den Transport.
6. Essbares in der Natur finden
Vorsicht: Iss niemals etwas, das du nicht zu 100% identifizieren kannst. Pilze sind für Laien tabu (Verwechslungsgefahr).
Sichere Quellen
Brennnesseln (gekocht wie Spinat), Löwenzahn (komplett essbar), Rohrkolben-Wurzeln (stärkehaltig), Beeren (nur bekannte: Brombeere, Himbeere). Insekten (unter Steinen) sind proteinreich, müssen aber gut durcherhitzt werden.
7. Tierfallen bauen (Theorie)
Warnung: Fallenjagd ist in Deutschland verboten und Tierquälerei. Dieses Wissen dient nur dem absoluten Notfall-Überleben.
Die Schlingenfalle
Eine einfache Schlinge aus Draht oder Paracord-Innenleben, platziert auf einem Wildwechsel (Pfad). Das Tier läuft hinein, die Schlinge zieht sich zu. Positionierung: Eine Handbreit über dem Boden für Hasen.
8. Improvisiertes Angeln
Fisch ist eine hervorragende Proteinquelle und oft leichter zu bekommen als Wild.
Haken herstellen
Aus den Dornen von Schlehen oder Weißdorn, einem Stück Draht oder einer Sicherheitsnadel lassen sich Haken biegen. Der Widerhaken ist entscheidend.
Schnur & Köder
Nutze die inneren Litzen von Paracord oder Zahnseide als Angelschnur. Als Köder dienen Würmer, Maden oder glänzende Folienstücke (als Blinker).
9. Hygiene im Feld
Im Krieg sterben mehr Soldaten an Infektionen als durch Kugeln. Hygiene ist Disziplin.
Waschen
Wasche täglich kritische Bereiche (Füße, Schritt, Achseln), auch ohne Seife. Nutze Asche aus dem Lagerfeuer gemischt mit Wasser als basische Seife.
Lager-Hygiene
Lege die Latrine mindestens 50 Meter vom Lager und 100 Meter von Gewässern entfernt an. Vergrabe Hinterlassenschaften sofort.
10. Einfache Waffen und Werkzeuge bauen
In der Natur ist der Mensch ohne Werkzeug im Nachteil. Improvisation macht den Unterschied zwischen Jäger und Beute, zwischen Macher und Opfer.
Der Grabstock (Digging Stick)
Das wichtigste Werkzeug überhaupt. Ein robuster, etwa hüfthoher Ast, an einem Ende angespitzt und idealerweise im Feuer gehärtet. Dient zum Graben nach Wurzeln, als Hebel und einfache Verteidigungswaffe.
Hammer und Keil
Ein schwerer, handlicher Stein dient als Hammer. Mit einem zweiten, flacheren Stein oder einem harten Holzstück als Keil lässt sich Holz spalten ("Batoning"), um an trockenes Kernholz für Feuer zu gelangen, ohne die Klinge des eigenen Messers zu riskieren.